Genpoolveränderung beim Zander durch Angeldruck?

Mike
Habe den aktuellen Juni Blinker überflogen. Dort ist ein interessanter Bericht von Olivier Portrat vorhanden.

Er schreibt sinngemäß folgendes:

Beim Zander gibt es genetisch bedingt zwei "Typen" von Zandern aggressive Räuber und nicht so aggressive Sammler.

Durch starke Zanderbefischung mit Entnahme mit Kunstködern werden die Raubzander übermäßig dezimiert, so dass der Sammlerzander dominierend wird. D.h. der Sammlerzander kann sich öfter Fortpflanzen als der aggressive Raubzander.
Die Folge ist eine stark verringerte Fangquote mit Kunstködern, obwohl der Bestand immer noch gut ist.

Als Beispiele werden französische Seen genannt, wo eine starke Entnahme der überwiegend mit Kunstködern gefangenen Zander erfolgte und seitdem sehr viel schlechter mit Kunstködern gefangen wird.

Als Gegenbeispiel werden die holländischen Gewässer aufgeführt, wo ein hohe Releaserquote vorhanden ist. Dort sind die Zanderfänge auf Kunstköder gleichbleibend hoch.

Mich interessiert, was ihr davon haltet? Ist das eine nicht belegbare C&R Forderung oder ist der Bericht in sich logisch und nachvollziehbar?
Leider sind solche Berichte in Angelzeitschriften sehr selten und von Seiten der Verbände liest man auch nicht viel.

Ich finde, vernünftige Forschungen auf dem Gebiet der Gewässerbewirtschaftung sind viel zu selten und das Geld dafür wäre vielfach besser angelegt, als für die vielen unsinnigen Besatzmaßnahmen.



Ein interessanter Artikel in dem Zusammenhang:
Quelle: http://www.welt.de/die-welt/article35634...lution-ein.html

Freizeitangler greifen in die Evolution ein
Vorsichtige Fische meiden den Haken und vererben das Verhalten an den Nachwuchs weiter Von Rolf H. Latusseck
Dieser Artikel erschien in der Zeitung DIE WELT.

Auch Fische haben offenbar individuelle Charakterzüge, unter ihnen gibt es die Vorsichtigen und die Leichtsinnigen. Nicht jeder lässt sich von einem fetten Wurm am Angelhaken verführen. Die Folge ist, dass in einem Angelteich die Vorsichtigen mehr werden - und dieses Verhalten an die Nachkommen vererben.

Biologen der University of Urbana-Campaign im US-Bundesstaat Illinois machten dazu ein ungewöhnliches Experiment, das eindeutig belegt:
Angler greifen in die Evolution ein, und sie spielt sich vor unseren Augen ab.

Der Ökologe David Philipp begann 1975 ein Experiment, bei dem er Angler bat, in einem Versuchsteich auf Barsche zu fischen. Alle Tiere, die an den Haken gingen, wurden vermessen, markiert und wieder ins Wasser entlassen.
"Das Ganze ging vier Jahre lang, und wir dokumentierten Tausende von Fängen", sagt Philipp. Dann wurde der Teich trockengelegt, über 1700 Barsche sammelten die Forscher ein. Einige von ihnen hatten sich Dutzende Male fangen lassen, aber etwa 200 Fische waren nie an den Haken gegangen.

In der zweiten Phase des Experiments wurden die oft gefangenen und die nie zugebissenen Barsche voneinander getrennt in verschiedenen Teichen gehalten. Nachdem der Nachwuchs der zwei Populationen groß genug war, kamen sie in einen gemeinsamen Teich, und es durfte wieder geangelt werden.
Das Spiel wurde 20 Jahre lang über mehrere Generationen von Fischen wiederholt, berichtet Philipp: "Wie wir erwartet hatten, erwies sich der Gefährdungsgrad als vererbbar." Mit jeder Generation wurde der Verhaltensunterschied deutlicher.

Seit Langem wissen Biologen, dass die kommerzielle Fischerei Einfluss auf die Entwicklung der Fische im Meer ausübt. Viele bleiben kleiner, um durch die Maschen zu schlüpfen, und treten früher in die Geschlechtsreife ein, um sich schneller zu vermehren. "Wir wollten mit dem Experiment einfach einmal sehen, welchen evolutionären Einfluss das Freizeitangeln hat", sagt Philipp.
YakuzaInk
das find ich mal n interessantes thema.. noch nie so sonderlich drüber nachgedacht...

meiner meinung nach aber mehr als nur denkbar!
KHF83
Willkommen

Kann ich in etwa bestetigen in den Niederlanden in der Maas und den Maasseen fange ich gleich gut ob mit köfi auf Grund als auch auf gufi recht gut , in Deutschland fange ich mehr auf Grund als auf gufi wie so hab ich nicht drüber nachgedacht ist aber eine gute frage ?
P&S Grimm
Willkommen Mike

kann ich auch nur bestätigen und ich denke das dies auf jeden Räuber zutrifft.

Habe das auch schon auf Rapfen beobachtet, entnehme als welche und schaue mir den Mageninhalt an.

Als "Oberflächenräuber" hatten die fast nur Krebse (4-12St) drin und kaum Fische.
Haiflyer
was mir zu dem Thema ein bzw. auffällt. ich fische seit 2 Jahren eigentlich ausschließlich mit Kukös auf den Zander in unseren Gewässern hier.

Mit dem klassischen Gummifisch ist meine Fangquote bei gerade maßigen Zandern extrem hoch. Große sind kaum dabei.

Überleg ich mir jetzt was ich mit Texas und Carolina Rig gefangen habe, sind das eher 60 und 70+ Zander.


Ich fische so gut wie nicht mit köfi auf Grund auf Zander. Aber immer wenn ich an einer Stelle war, wo auch Ansitzer dabei waren, haben die in der regel mit Köfi weit größere Zander (wahrscheinlich die genannten Sammelzander) rausgefangen als ich mit meinen kukös. Ich habe wahrscheins immer den noch vorhandenen Raubzanderkindergarten erwischt.


sehr sehr interessantes Thema.
Werde ich def hier weiter verfolgen.
Kevinacecombat
Ich denke auf jedenfall auch das sich das Verhalten unserer Räuber mit der Zeit immer mehr zum Ausdruck kommt!

Das ist ja genau das gleiche wie mit dem Menschen.....
hätten alle Menschen den gleichen Geschmack gäbe es keine Auswahl und alle Menschen hätten die gleiche Frau! lol

Und zum Lernverhalten der Fische auch noch was......
Auch vergleichbar mit dem Menschen.....hat jemand schon viele Enttäuschungen erlebt wird man um einiges aufmerksamer und misstrauischer.
Klar es gibt immer mal nen Senkrechtstarterlol der aus der Reihe tanzt.

Das gleiche ist es auch beim Zander....jeder Fisch entwickelt seinen eigenen Charakter und bildet eigene Vorzüge oder Taktiken um an Beute zu kommen.

Und übrigens....das ganze kann man auf jedes Lebewesen münzen die einigermaßen Grips in der Birne haben rofl

Grüssle Kevin
Jan G.
Willkommen Mike,

diese Theorie von Olivier ist nicht neu, er hat sie schon ein seinem Buch "Heimliche Räuber" aus den 90er Jahren beschrieben (das Buch kann ich nur jedem empfehlen - fantastische Fotos!!).

Ich kann die Theorie nicht ganz teilen. Ich denke die nachlassenden Fänge hängen einfach mit einer generell zu hohen Entnahme und einer generellen Schrumpfung des Bestandes zusammen. In Frankreich wird ja sehr viel entnommen, in Holland fast alles zurückgesetzt. Weiterer Faktor - Ein Mangel an Futterfischen (bei uns gibt es fast keine Lauben mehr - früher die Hauptbeute der Zander).

Bei uns an der Mosel sind die meisten Zander in den 90er Jahren (beste Bestandsdichte bei uns) durch "Kochtopfangler" die mit Köderfisch agiert haben entnommen worden, zeitgleich gingen auch die Fänge auf Kunstköder zurück (wobei die meisten Kunstköderangler bei uns releasen bzw. selektiv entnehmen).

Seit 3 Jahren boomen die Zander wieder bei uns - wir haben genügend Futterfisch (Grundel) und kaum noch einer geht mit Köderfisch. Ergebnis - beste Zandersaison seit 10 Jahren (sowohl Gesamtzahl als als auch Zahl der Großfische).


Kapitaler Zander aus der Mosel von Jan7411 auf Flickr


Zander Drama von Jan7411 auf Flickr

Grüße, JAN
Kevinacecombat
Klar den Faktor Mensch darf man an dieser Stelle auch nicht vergessen, da ich behaupte das er der Hauptgrund an der Situation ist!
frido
Klingt jedenfalls nicht völlig unlogisch. Leider sind in unserer Gegend die wenigsten Angler bereit, darüber nachzudenken, einen maßigen Zander zu releasen. Eines unserer Hausgewässer hatte bis vor 5 Jahren einen ausgezeichneten Zanderbestand. An guten Tagen waren durchaus zweistellige Fangzahlen und sehr große Fische drin. Leider wurde in den "fetten Jahren" Raubbau am Bestand betrieben und selbst Fanglimits wurden von einem großen Teil der Angler einfach ignoriert-es wurde alles totgeschlagen, was an den Haken ging. In den letzten Jahren gingen die Fänge immer weiter zurück und tendieren inzwischen gegen Null. Allerdings betrifft das die Kunstköderfraktion genauso wie die Köderfischangler-die Zander scheinen echt verschwunden zu sein. Allerdings kann ich das nicht so recht glauben-ein 700 ha. Gewässer verliert ja nicht aufgrund unvernünftiger Angler innerhalb von zwei Jahren seinen gesamten Zanderbestand!? Mal eine Frage an die Profi´s wie Jan-woran kann das liegen, das absolut keine Zander mehr gefangen werden? Es gab zu keinem Zeitpunkt ein Zandersterben an dem Gewässer-die Fische waren einfach von heut auf morgen weg! Sorry, wenn ich etwas vom Thema abgekommen bin... Augenzwinkern
Jan G.
Willkommen Frido,

bei uns an Mosel und Rhein ist es wichtig, sich auf die Grundeln als Nahrung der Zander einzustellen.

Nur wenn man diese perfekt imitiert, rappelt es.

Da ich dein Gewässer nicht kenne, kann ich diesbezüglich keine Diagnose stellen....
frido
Ja, das macht Sinn-wenn die Grundeln zu 95 % die Hauptnahrung der Zander bilden, diesen Fisch so gut wie möglich zu imitieren. Bei euch haben sich die Hauptbeutefische in den letzten 10 Jahren aber immer weiter in Richtung Grundel geändert. Bei uns sind die in großer Menge zur Verfügung stehenden Futterfische nach wie vor die selben. (Rotaugen, Barsche etc.) Von daher kann ich mir nicht so recht vorstellen, das sich mit Änderung der Taktiken oder Köder bei uns wieder vernünftige Fangergebnisse einstellen könnten.
ThinkBig
Ich fand den Bericht von Olivier Portrat auch einen der Besten Berichte, die ich so in Angelzeitschriften las...total spannend und in sich sehr schlüssig. Gerade seine Beispiele mit den Karpfen und Lachsen unterstreichen seine Theorie nochmal zusätzlich.

Grundsätzlich muss man sagen: Was lernen wir daraus? C&R ist wichtig und richtig! Was lernen die C&R-Gegner daraus? Genau: Öfter mal Ansitzen....!

Also ich als (meist) Ansitzangler kann dem an einigen Gewässern zustimmen...aber ich fische mehr in Seen auf Zander. In Flüssen ists n bissl ne andere situation - zumal bei uns viele mit KöFi fischen...und viel releast wird!